Der Bevölkerungsschwund in Sachsen setzt sich fort, allerdings nur noch mit stark vermindertem Tempo. Obwohl wieder mehr Kinder geboren werden, ist Sachsen nach Brandenburg das Bundesland mit der geringsten Geburtenrate in Deutschland. Deshalb ist auch das Durchschnittsalter der Sachsen weiter gestiegen. Diese Trends gehen aus dem neuen Statistischen Jahrbuch 1998 hervor, das das Landesamt für Statistik am Freitag in Dresden vorstellte. Das rund 600 Seiten starken Kompendium gibt einen Überblick über die gesellschaftliche, wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Sachsen. „Wir berichten nüchtern und objektiv und lassen keine unbequemen Themen aus“, versicherte Amtspäsident Henry Hasenpflug.
Nach den vorgelegten Bevölkerungsdaten waren zum Jahresende 1997 noch 4,52 Millionen Einwohner in Sachsen gemeldet – 23.390 weniger als ein Jahr zuvor, sogar 390.000 weniger als 1989. Während anfangs noch der Wanderungsverlust Hauptursache für den Bevölkerungsrückgang war, ist inzwischen das negative Verhältnis von Geburten zu Sterbefällen das Hauptproblem. 1997 war deshalb bereits ein Sechstel der Bevölkerung älter als 65 Jahre, aber nur noch ein Siebtel jünger als 15 Jahre – so gering war der Anteil der Jungen noch nie in Sachsen. Nach einer Pognose des Landesamtes soll sich diese Entwicklung fortsetzen: Im Jahr 2010 wird nur noch jeder neunte Sachse jünger als 15 Jahre sein, aber schon jeder fünfte älter als 65. Dennoch verzeichnen die Statistiker bei den Geburten nach den dramatischen Einbrüchen kurz nach der Wende jetzt schon seit mehreren Jahren einen Aufwärtstrend:
Im Vorjahr kamen 29.000 Kinder zur Welt, immerhin 7,4 Prozent mehr als 1996 – doch gemessen an der Bevölkerungszahl liegt Sachsen bei den Geburten noch immer um ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt. Möglicher Grund: Noch nie in den letzten 40 Jahren haben die Sachsen so spät geheiratet wie heute. Die ledigen Männer, die im Vorjahr die Ehe schlossen, waren im Durchschnitt 29,1 Jahre alt, die ledigen Frauen 26,8 Jahre – damit wird die Ehe rund drei Jahre später geschlossen als 1990. Die Zahl der Eheschließungen – rund 15.000 – ist aber schon seit mehreren Jahren konstant. Gleichzeitig gehen wieder mehr Ehen offiziell in die Brüche: Im Vorjahr wurde mit 8470 Scheidungsurteilen der höchste Wert seit 1991 registriert, die sehr hohen Scheidungszahlen zu DDR-Zeiten werden damit aber noch längst nicht wieder erreicht. Als besonders kritisch erweist sich dabei nun doch das verflixte siebte Jahr:
Rund ein Viertel aller Scheidungen werden nach sieben bis neun Jahren Ehedauer vollzogen. Ob die Ehekrisen auch damit zu tun haben, daß immer mehr Sachsen ihre Freizeit lieber im Sportverein verbringen, läßt der neue Statistik-Bericht offen: Immerhin belegt er aber, daß die Vereine weiter kräftig Zulauf haben, die Zahl der Mitglieder in den Fachverbänden des Landessportbundes etwa stieg erneut auf jetzt 503.000. Vielleicht steigen die Scheidungszahlen aber auch, weil die Wohnungssuche nun auch als Single kein Problem mehr ist: 1997 wurden trotz Baukrise im Freistaat 53.700 Wohnungen fertiggestellt, deutlich mehr als in den Vorjahren. Wer solche Daten gern im Bücherschrank parat haben möchte, kann das neue Statistische Jahrbuch beim Landesamt in Kamenz oder im Buchhandel bestellen. Es ist auch als CD-Rom erhältlich und wird zudem in einem gestern offizell eröffneten Informationsbüro der Behörde in Dresden verkauft.